Über die Entstehung des Vierkanthofes gibt es einige Theorien. Sicher war es ein langer Werdegang, bis sich jener ausgereifte Bautypus ergab, wie er sich heute darstellt. Es mag verschiedene Vorstufen, ähnliche Höfe im In- und Ausland geben, der Vierkanter jedoch ist nur im ober- und niederösterreichischen Raum, und zwar vorwiegend in den fruchtbaren Flach- und Hügelgebieten südlich der Donau, als die vollkommenste Gehöfteform anzutreffen.
Über die geschichtliche Entwicklung der Vierkanthöfe gibt es nur Theorien und keine handfesten Beweise (zitiert nach Helmuth Huber):
1. Die Wehrtheorie: der Vierkanter sei etwa mittelalterlichen Schlössern und Burgen nachgebaut worden. Der Typus der Abgeschlossenheit könnte dieser Theorie als ein möglicher Beweis dienen.
2. Die Funktionstheorie: der Vierkanter biete die beste Betriebs- und Arbeitsfunktion für die mittelalterliche Naturalwirtschaft.
3. Die Evolutionstheorie: der Vierkanter ist das Ergebnis einer Entwicklungslinie, die ihren Anfang nahm im mittelalterlichen Gruppen- (=Haufen-)hof mit der innewohnenden Tendenz zur Ausbildung zum Regelhof.
Die weitere Station auf dem Wege zur Endform bildete dann der Vierseithof, der noch keine einheitliche Firstlinie aufweist. Diese freistehenden und für sich abgeschlossenen mächtigen Gehöfte erinnern auch in mancher Hinsicht an die barocken Klosterbauten, von denen Einflüsse auf das bäuerliche Bauen gewirkt haben mögen. Die aus vielfältigen praktischen Erfahrungen gereifte Bauform bietet bei der täglichen Arbeit in Haus und Hof zu jeder Jahreszeit arbeitsmäßig Vorteile gegenüber weitläufigen Anlagen. Die vielen Arbeitsvorgänge zwischen Haus- und Wirtschaftsräumen sind, im Vergleich etwa zum offenen Innviertler Vierseithof, wesentlich kürzer, und man ist besser gegen die Unbill der Witterung geschützt. Die These von der Evolution des Gruppenhofes zum Vierkanter als überprüfbare Theorie ist heute am wenigsten umstritten. Sie wird vertreten von A. Klaar, 0. Moser, V.H. Pöttler.